Fasten nach der heiligen Hildegard von Bingen

„Der Mensch soll mäßig essen und mäßig fasten.“ Hildegard von Bingen war durch und durch Benediktinerin und einer der wichtigsten Grundsätze in diesem Orden ist die "discretio", die "maßvolle Unterscheidung". Die natur- und heilkundige Universalgelehrte hat selbst keine „Fastenleitlinien“ oder Protokoll zusammengestellt. Sie erwähnt das Fasten ausschließlich in ihrem „Buch der Lebensverdienste“. 

Universelle Schau der Zusammenhänge      

Ein Konzept wurde vielmehr aus ihren Erkenntnissen über die heilende Wirkung von Lebensmitteln und Gewürzen bzw. aus den Lebensregeln nach Hildegard von Bingen entwickelt. Hier kommt der vor Kurzem verstorbenen Hildegard Strickerschmidt (*1930) eine große Bedeutung zu, die bei der dfa-Jahrestagung einen Vortrag zum Thema „Gesund leben und Fasten mit der Heiligen Hildegard“ gehalten hat. Sie war Ehrenpräsidentin der Internationalen Gesellschaft Hildegard von Bingen, Engelbert/Schweiz und mehr als ein Dutzend Schriften zu Hildegard von Bingen verfassst.

Sie war fasziniert von Hildegards im besten Sinne „ganzheitlichen Sicht des Menschen, eingebettet in eine universelle Schau der Zusammenhänge von Kosmos, Mensch und Gott.“

Bekannt wurde die sog. „Hildegard-Medizin“ durch den Arzt Dr. Gottfried Hertzka ungefähr 1980. Er hat auch ein „Hildegard-Fasten“ entwickelt, basierend auf dem Grundsatz der völligen Enthaltung von fester Nahrung und unter Verwendung von hildegardischen Heilmitteln. Strickerschmidt selbst entwickelte später nach eingehendem Studium hildegardischer Schriften ein gemäßigtes Dinkelfasten, in dem die Maßhaltung als Leitgedanke diente, feste Nahrung erlaubt war und täglich so ungefähr 300 Kalorien zugeführt werden. Für die Hl. Hildegard als Benediktinerin war das „Rechte Maß“ eine wichtige „Tugend“, und damit fand auch die Spiritualität im Fasten einen zentralen Platz. Für Strickerschmidt spannt sich von hier aus der Bogen zur Diätetik, zu einer spirituellen Lebenshaltung auf christlicher Grundlage. Darüber hinaus findet man, so Strickerschmidt bei Hildegard viele Aussagen zu den „Wesensfeinheiten der verschiedenen Naturen der Geschöpfe“, woraus sich eine bekömmliche Ernährung ableiten lässt, ganz nach dem Grundsatz: „Der Mensch baue seinen Leib so, dass die Seele gern darin wohnt.“

Almhof Lässer            

Nach diesem Konzept arbeitet heute die Fastenleiterin Anke Lässer, Jahrgang 1964. Sie führt zusammen mit ihrem Mann und zwei Töchtern den Almhof Lässer in Balderschwang, mit Ferienwohnungen, landwirtschaftlichem Alpbetrieb und einem Hofladen in dem sie auch „Hildegardprodukte“ verkauft und dazu berät. Von 2000 bis 2019 hat sie Fastenkurse in Zusammenarbeit und unter der Leitung einer Ärztin durchgeführt.

Sie sagt: „Ich sehe gerne, wie anfängliche Zweifel und Sorge sich in Zuversicht und Freude verwandeln. Dass die Menschen nach dem Fasten viel schöner und strahlender sind, und insbesondere, dass es mir auf diese Weise ermöglicht wird, Menschen den unglaublich wertvollen Schatz der Hildegard-Heilkunde zu vermitteln: durch die verwendeten Gewürze, Lebensmittel und Elexiere, durch Vorträge sowie durch Anwendungen, wie der Weizenpackung bei Rückenschmerzen.“ 

Derzeit bietet sie ambulantes Fasten im Ort an. Dabei erhalten die Teilnehmenden ein „Fastenpaket“ mit allen benötigten Lebens- und Heilmitteln, sowie Einführungs-und begleitende Gruppenabende mit abschließendem gemeinsamen Abfasten.

Ganz im Sinne einer sanften, mäßigen Vorgehensweise wird hier übrigens auf Glaubersalz oder Einläufe verzichtet, zumal die Darmperistaltik ja auch über die Ballaststoffe weiterhin stimuliert wird. Stattdessen wird auf die Wirkung von Flohsamen und Bärwurzbirnenhonig gesetzt. Besonders wichtig ist Anke Lässer, „dass den Fastenden jegliche Angst genommen wird, dass sie es eventuell nicht durchhalten, dass sie die Sicherheit bekommen, durch meine Begleitung durch das Fasten hindurchgetragen zu werden und dass am Ende die Freude der Lohn ist.“

Von Anke Lässer stammt das Fastenprotokoll unten.

 

Fastenprotokoll angelehnt an Hildegard von Bingen

 

Morgens:        ½ Teelöffel Fenchelsamen nüchtern kauen, mindestens fünf Tassen Fencheltee, 1 Esslöffel Flohsamen, eine Scheibe Dinkelvollkornbrot.

 

Mittags:          Dinkelschrotsuppe mit etwas Gemüse: (ohne Fett), Fenchel, Karotten und Sellerie, gewürzt mit Salz, Galgant, Bertram, Kubeben Pfeffer und Quendel, auch mit Bohnenkraut, Ysop und Petersilie; fünf Tassen Fenchel-, oder anderen Kräutertee mit Honig und Zimt und einem Esslöffel Flohsamen

 

Abends:          Dinkelgrießsuppe mit Gemüse und Gewürzen s. oben, warmen Apfelsaft oder Quittensaft, eine kleine Schnitte Dinkelbrot

 

Untertags:       viel Tee trinken

 

Jeden Mittag ½ Stunde Bettruhe mit Leberwickel: kleines Handtuch gut mit heißem Wasser tränken, auf die Leber (rechter Oberbauch) legen, Wärmeflasche darauf und großes Handtuch darüberlegen. Anschließend wenn möglich einen längeren Spaziergang, am Abend einen kleinen Spaziergang nach dem Abendessen machen.

Zur Herz- und Kreislaufstärkung: Untertags alle zwei Stunden einige Fenchel–Galgant– Tabletten kauen, und täglich 1-2 Likörgläser Petersilien-Honigwein trinken.

 

Fastenbrechen am letzten Abend:    zusätzlich einen Bratapfel

 

Erste Mittags-Mahlzeit:         Dinkelnudeln und Fenchelgemüse mit etwas Butter, als Nachtisch Apfelkompott

 

„Nervenkekse“: Mit einer Gewürzmischung auf gleich viel Muskatnuss und Zimt deutlich weniger Nelken kann man Kekse oder Kuchen backen. Sie dämpfen die Bitterkeit es Herzens und des Geistes, öffnen die stupfen Sinne, machen den Geist fröhlich und mindern alle schädlichen Säfte und stärken das Gehirn.

 

Gelöschter Wein besänftigt die „Schwarzgalle“, die Traurigkeit, die Melancholie, aber auch Aufregung und Wut. Ein knappes Teeglas voll Rotwein zum Kochen bringen und mit einem Schuss kaltem Wasser abschrecken, noch warm schluckweise trinken.

 

Der spirituelle Aspekt Für Strickerschmidt gehörte auch die gemeinsame Meditation zum Protokoll. In Balderschwang steht den Fastenden eine Hauskapelle des Almhof Lässer jederzeit als Ort der Stille, Ort des Gebetes oder Ort der Meditation zur Verfügung.

(fa)

 

 

Anke Lässer, Kontakt über:

www.almhof.de

Auf Anfrage kann hier auch ein Fastenpaket bestellt werden

 

Weiterführende Literatur

Strickerschmidt, Hildegard. Fasten mit der heiligen Hildegard: Das Buch für Leib & Seele. benno; 2011.

 

Foto: canva

 

 

 

 

 

 

Anzeigenpartner der dfa

Bitte geben Sie einen Suchbegriff ein und klicken Sie auf den "Suchen" Button um unsere Webseite zu durchsuchen.

Zur Optimierung werden Tracking-Cookies eingesetzt. Weitere Hinweise unter Datenschutzerklärung.